Sina Beerwald im Interview

Ein- bis zweimal im Jahr finden im Ideenreich Workshops und Seminare zum Thema "professionelles Schreiben" mit unserem bewährten Dozenten-Team statt. Heute stellen wir Sina Beerwald ein paar Fragen zu diesem Thema:

 

 

 

 

 

Du bist seit 2013 ein festes Mitglied des Dozententeams. Würdest du sagen, dass die Zusammenarbeit Einfluss auf dein Schreiben genommen hat? Stichwort: Bauchschreiber-Plotter-Zwist.

 

So lange schon, unglaublich! Kommt mir gar nicht so vor, aber das liegt wohl daran, dass es immer so viel Spaß macht. Die Zusammenarbeit mit den Kollegen war vom ersten Jahr an super, wir waren sofort ein eingespieltes Team und meine Tätigkeit als Dozentin hat insofern Einfluss auf mein Schreiben genommen, weil ich mein eigenes Tun immer wieder reflektiere. Der berühmte Zwist, auf den du anspielst, den darf man tatsächlich nicht so schwarz-weiß sehen. Es gibt nicht Plotter oder Bauchschreiber. Das verschmischt sich bei jedem Schriftsteller in einer Person, die Frage ist nur, welcher Anteil überwiegt. Ich bin tatsächlich eher die Bauchschreiberin, das heißt, es kann sich auch mal eine Figur selbst in mein Buch „reinschreiben“ und ihr Eigenleben entwickeln. Das ist toll, ich liebe diese pure Kreativität, mitunter kann das aber auch sehr anstrengend werden. Dann nehme ich mir ein Beispiel an den Kollegen und die Plotterin in mir haut meinen Figuren auf die Finger. 

 

Sina Beerwald mit ihrer Workshopgruppe 2018
Sina Beerwald mit ihrer Workshopgruppe 2018

Du sagst in der Doku, dass es nicht den einen Weg gibt, einen Roman zu schreiben. Wie hast du deinen gefunden und hat er sich sofort bewährt?

 

Mein erster Roman wurde damals von Heyne unter Vertrag genommen, da hatte ich ihn erst zur Hälfte fertiggeschrieben. Ich war mit einer Leseprobe an eine Agentur herangetreten, da ich meiner Mutter das schriftliche Feedback eines Fachmanns geben wollte, dass das allenfalls ein nettes Hobby ist, was ihre Tochter da macht und nicht, wie sie glaubt, unbedingt zu einem Verlag muss. Nun ja – mittlerweile ist mein vierzehntes Buch erschienen. Und meine Arbeitsweise hat sich vom ersten Buch an tatsächlich kaum verändert. Ich mache mir trotz aller Technik sehr gerne handschriftliche Notizen und ich schreibe meine Manuskripte auch gerne von Hand. Das Abtippen ist zugleich der erste Überarbeitungsdurchgang. 

 

Was ist dir bei deiner Arbeit als Dozentin am wichtigsten?

 

Den Teilnehmern zu vermitteln, dass Schreiben bei aller Kreativität auch ein Handwerk ist, das man erlernen kann. Die kleinen und großen Fragen beantworten, die einen Teilnehmer bisher ausgebremst haben. Mitzuerleben, wie der Aha-Effekt eintritt, die Augen leuchten und der kreative Prozess in Gang kommt. 

 

 

Boris Koch und Sina Beerwald, Workshop 2018
Boris Koch und Sina Beerwald, Workshop 2018

Die letzte Frage kommt von Boris Koch:

Wie sehr beeinflusst eine Region dein Schreiben? Soweit ich das überblicke, spielen alle deine Gegenwartsromane auf Sylt oder in Stuttgart, also deinem gegenwärtigen und deinem ehemaligen Wohnort. Das Ganze kumuliert in KRABBENCOCKTAIL, wo ein schwäbisches Rentnerehepaar auf Sylt landet. Deine früheren vier historischen Romane spielen dagegen alle weder in Stuttgart noch auf Sylt. Absicht oder Zufall?

 

Bei meinen historischen Romanen war zuerst das Thema da. Der rote Faden ist in jedem der vier Bücher ein altes Handwerk. Das Goldschmieden, die Uhrmacherei, die Parfumherstellung und die Medizin - jawohl, die war im 18. Jahrhundert durchaus zum Handwerk zu zählen :-) und dazu kam dann eine historisch ungeklärte Frage. Daraus hat sich der Schauplatz ergeben, wohin ich natürlich mehrfache Recherchereisen unternommen habe. Seit ich vor zehn Jahren mit zwei Koffern nach Sylt gezogen bin, wurde ich immer wieder gefragt, warum ich nicht mal etwas schreibe, was auf Sylt spielt. Ich wollte aber keine Geschichte erzählen, die so auch in Pusemuckelsdorf spielen könnte. Dann stand ich eines Tages in Wenningstedt beim großen Fischdealer und dort hat mich nicht nur eine Möwe überfallen, sondern zugleich auch die Idee für meine "Mordsmöwen". Danach schrieb ich Erlebnisführer für Sylt und anschließend kam mein junggebliebenes schwäbisches Rentnerehepaar nach Sylt, die sich den Traum vom Leben auf der Insel erfüllen wollen. Und da es zum Reetdachhäusle nicht reicht, ziehen Sie mit Dackel Gustav und der Spätzlepresse auf den Campingplatz - ein Hauch von Luxus weht schließlich überall, auch zwischen Chemietoilette und Gemeinschaftsdusche - und dort werden die Schmälzles in kriminelle Abenteuer verwickelt, die sie über die ganze Insel führen. Bei den Sylt Romanen steht also der Schauplatz im Vordergrund und die Ideen dazu fliegen mich im doppelten Sinne an. Also alles Absicht und kein Zufall :-)

 

Sina welche Frage hast du für Thomas Finn, der als nächstes interviewt wird?

Wenn du auf dein bisheriges Autorendasein zurückblickst: Welcher Moment war dein glücklichster, welcher dein traurigster und welcher dein kuriosester?

 

Informationen zu Sina Beerwalds Veröffentlichungen finden Sie hier: Emons Verlag

Informationen zu den Veranstaltungen finden Sie hier: Workshops und Seminare

 

Das Interview von Thomas Finn: hier

 

Alle Dozenten, ein paar Teilnehmer/-innen und das Ideenreich-Team in bewegten Bildern:

 

 

 

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